Mallorca-Franze / Kristall-Reiner / Inflationsangst

 





München, den 2. 2. 2022

Lieber Herr Sachbearbeiter, 


hören Sie jetzt sofort auf, mich zu nerven! Ich brauche meine Ruhe, meine Situation ist ohnehin schon schwer genug. Der Preis von einem Liter Weißbier ist parallel zu den Benzinkosten um 23 Ct gestiegen. Das macht für mich 69 Ct pro Tag. ERGO fehlen mir diesen Monat  21,39 € für Nahrungsmittel und Kultur!! Sie wollen, dass ich lebe, wie ein Hund?! Ich fordere Sie hiermit auf, das Existenzminimumsberechnungsverfahren schleunigst zu bereinigen!!


Hochachtungsvoll 

Ihr 

Mallorca-Franze






Schwarzfahrten

Schwarzfahrten sind immer eine kleine Achterbahnfahrt. Einerseits entsteht dieses röhrenverstärkermäßige Das-ist-unser-Haus-Gefühl, dss den Kapitalismus als Irrtum offenbart, andererseits ist die Demütigung als Konstante im Hinterkopf. Der Geist entwirft, hektisch könnte man sagen, Szenarien, wie es gelingen kann, dem Kontrolleur mit WÜRDE zu begegnen. Die Stimme nicht zu erheben. Die ungewollte Bühne ungenutzt zu lassen, ergo  das Man-selbst-Bleiben zu praktizieren, während er deine Personalien aufschreibt, gleichgültig, als gälte es einen Einkaufszettel zu drucken. Diese Szenarien bleiben aber Skizzen. In der Praxis ist man nie so cool, wie in seinem inneren Film. Aber was solls. Meistens geht ja alles gut...






Editorial


Liebe Leser:innen,

seit über einem Jahr schreibe ich jetzt schon über meine Arbeitslosigkeit nach meinem Master-Abschluss. Mal humorvoll, mal traurig, aber immer ehrlich und mit einem Blick fürs große Ganze.

Houellebecq, den ich in den letzten Monaten die Gelegenheit hatte ausgiebig zu lesen, hat einmal gesagt: 

„Das Unglück erreicht erst dann den Tiefpunkt, wenn die in greifbare Nähe gerückte praktische Möglichkeit des Glücks erblickt worden ist.“ 

So ging es mir mit meiner Bewerbung in Eggenfelden, wo ich fast eine Stelle bekommen hätte. Ich hätte dort ein neues Leben anfangen können. Raus aus der Schwarzarbeit und den lästigen Vortanzereien bei der Bundesagentur. Aber dann haben sie sich für eine jüngere und erfahrenere entscheiden. Klar tut sowas weh. Aber ich gebe nicht auf. Vielleicht schaue ich auch mal bei Verlagen vorbei. Mal sehen. Erstmal chillen nach dieser großen Aufregung.

Machst gut. Bleibt fleißig und aufrecht.

Euer Wilhelm






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